Lernen auf die eigenen Füße zu fallen

Ein Abend mit Prof. Dr. Jürgen Zimmer bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Stühle mussten noch herein gebracht werden, bevor es losging. Prof. Dr. Jürgen Zimmer ist in Lindau ein Begriff. Spätestens seit der Gründung der School for Life in Thailand vor zehn Jahren. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs im Hause seiner Großeltern auf der Pfannhalde in Wasserburg gelandet, ging er dort in die Grundschule und später kurzfristig auf die Oberrealschule mit Gymnasium an der Kalkhütte in Lindau. Jetzt kehrt er wieder auf die Pfannhalde zurück. Seine Frau Birzana freut sich schon darauf: "Dann bin ich eine Lindauer- bzw. eine Wasserburgerin!"

In der Fachwelt ist er bekannt durch die Entwicklung des Situationsansatzes, der das Lernen in der Schule an der Lebenssituation der Kinder orientiert. Mit diesem Ansatz und dem damit verbundenen Abstand vom traditionellen Lernen reformierte er die Bildungspolitik in Nicaragua, Brasilien und vielen Ländern der Dritten Welt.. Die Kinder in den von ihm gegründeten Schulen lernen auch, etwas zu unternehmen, um ihre eigenen Lebensverhältnisse zu verbessern: "Learning by earning" -ein Modell, das auch in südeuropäischen Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit an Bedeutung gewinnen kann.

Am Anfang steht dabei immer, die Kinder genau anzuschauen, um zu sehen, wo ihre Begabungen versteckt sind und wie sie am besten gefördert werden können. Und dann braucht es eine Idee, wie kann ich damit auf dem Markt Fuß fassen. Wenn es dann auch noch gelingt, andere für diese Idee zu begeistern und Arbeit und Verantwortung zu delegieren, dann entsteht ein Glücksfall: "Kopf schlägt Kapital". Dafür weiß Zimmer eine Reihe bekannter Namen, die mit so einer zündenden Idee angefangen haben und wirtschaftlich erfolgreich geworden sind: z. B. Gottfried Duttweiler (Migros) Anita Roddik (body-shop) oder die Tee Campagne.

Seine Schulen wollen hierfür in ihren Kindern die Grundsteine legen. Lernen an der Wirklichkeit steht hier im Vordergrund, auch wenn auch in dieser Schule die vom Staat vorgegebenen Lernziele erreicht werden müssen. Das ist in der School for Life nicht so einfach. Die meisten Kinder kommen aus dem Bergland und sprechen ganz verschiedene Sprachen. Die Thai-Sprache müssen sie erst noch lernen. Das gelingt am besten unter den Kindern selber, wobei die älteren an die jüngeren weitergeben,was sie schon können.

Die Tage der "School for Life unter dem großen Baum sind jetzt bereits Geschichte. Geblieben ist die bestmögliche Pädagogik als Armutsbekämpfung mit anderen Mitteln.
Gerade diese Pädagogik kostet natürlich Geld. Es gibt staatliche Zuwendungen z. B. für Lehrmittel und Milch für die Schulspeisung. Die Schule steht auf einem Grundstück des Königshauses, Getragen wird sie von Sponsoren. Die Hälfte kommt aus Thailand, die andere vor allem aus Deutschland, hier wieder oft aus Lindau und Umgebung. Dafür bedankte sich Prof. Zimmer bei allen, die sich für die School for Life engagiert haben, vor allem bei der Staatlichen Realschule Lindau, die ein Patenkind betreut und bei Frau Maja Dornier. Nachdem zwei Mitglieder des Lindauer GEW-Vorstands die School for Life besucht hatten, beschloss der Vorstand eine Spende von 200 € und zwei weitere wurden Paten der Schule, wobei die im Herbst angestrebten Anzahl von 200 jetzt bereits über 100 beträgt.

Interessenten wenden sich an Prof. em. Dr. Jürgen Zimmer:
Mail: juzimmer@gmx.de